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15.09.2011

Norbert von Hellingrath und die Ästhetik der europäischen Moderne

Vor genau einhundert Jahren erschien im Jenaer Eugen Diederichs Verlag die Dissertation „Pindarübertragungen von Hölderlin. Prolegomena zu einer Erstausgabe“ von Norbert von Hellingrath. Der Autor leitete damit die umfassende Wiederentdeckung des Dichters Friedrich Hölderlin ein, dessen Präsenz im heutigen Kanon der deutschen Literatur selbstverständlich erscheint. In den einzelnen Sektionen der Tagung soll die Rolle Norbert von Hellingraths im Kontext von Kunsttheorie und Philosophie im Spannungsfeld rhetorischer Tradition und poetischer Innovation in europäischer Perspektive neu bestimmt werden.
Es sprechen Experten aus den Philologien und der Ästhetikgeschichte, u. a. Jürgen Brockoff (Bonn) zum Thema „Hellingrath und die Wortkunst der Avantgarde“, Reiner Nägele (New Haven) über „Hellingrath und Walter Benjamin“ und Ute Oelmann (Stuttgart) über „Hellingrath und der George-Kreis“. Außerdem diskutieren Ulrich Raulff, Direktor des Deutschen Literaturarchivs, und der Germanist Jürgen Brokoff mit dem renommierten Schweizer Literaturwissenschaftler Bernhard Böschenstein über die Wirkung Norbert von Hellingraths.

Norbert von Hellingraths Dissertation zu Hölderlins Pindarübertragungen, 1911 erschienen, hat Epoche gemacht. Der Münchner Student hat, inspiriert von Karl Wolfskehl und Stefan George, mit seiner schmalen, sperrigen Studie die Philologie herausgefordert und zur Neubewertung Hölderlins entscheidend beigetragen. Zugleich, das beginnt die Forschung erst zu entdecken, steht Hellingrath in engem Kontakt zur literarischen und philosophischen Moderne: zu Rilke, zu Bergson, zu Klages. Walter Benjamin und Martin Heidegger beziehen wesentliche Überlegungen aus Hellingraths Hölderlin. Hellingrath kann zudem als der für Stefan George wichtigste Vermittler der Dichtung Hölderlins bezeichnet werden. George stilisierte Hölderlin fortan zu einem seiner wichtigsten geistigen Ahnherren und veranlasste bedeutende Wissenschaftler seines Kreises, zu dem sich Hellingrath selbst zählte, sich ebenfalls mit Hölderlin zu befassen. Seine Hölderlin-Werkausgabe – Hellingrath hatte den vierten und den fünften Band ediert – konnte Norbert von Hellingrath indes nicht zu Ende bringen; 1916 fiel er in der Schlacht um Verdun.

Die Bestände zu Norbert von Hellingrath befinden sich hauptsächlich in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart, im Hölderlin-Archiv, im Stefan George Archiv und im Deutschen Literaturarchiv Marbach.

Anmeldung erbeten unter:
forschung@dla-marbach.de;

Die Diskussion mit Bernhard Böschenstein findet am 23. September 2011, um 16 Uhr statt.

Gefördert von der Fritz Thyssen Stiftung. In Verbindung mit der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart und dem Stefan George Archiv.

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